Gedanken zur Aufarbeitung der Pandemie und dem Regenbogen am Ende der kataklysmischen Gedankenwelten.
Ich begleitete als Journalist Elterninitiativen während der Pandemie über ein Jahr hinweg, aber nicht so, wie sie es sich gewünscht hätten. Einige haben mich das auch spüren lassen, indem sie mich als „Schwurbler“ bezeichneten und mir vorwarfen, Verschwörungstheorien zu verbreiten.
Dabei waren es ausgerechnet diese Initiativen, die eine klare Abgrenzung zum verschwörungstheoretischen Rand bis zum Abschluss meiner Arbeit im Herbst 2022 nicht vollziehen konnten oder wollten. Entschuldigungen erwarte ich dafür nicht mehr und halte sie auch für unnötig. Die Frage die mich angetrieben hat war schon immer: Was geschieht dort und vor allem: warum?
Überforderung als Stärke
Was auf verschiedenen Ebenen passiert ist, wurde gut dokumentiert. Allerdings haben sich viele gefragt, warum Menschen aus der bürgerlichen Mitte so leichtfertig mit Querdenken umgehen. Es gab einfache Antworten, die natürlich beliebt waren, aber die Realität ist gleichzeitig komplex und viel banaler.
Diese Initiativen sind das Produkt einer Scheuklappengesellschaft, die Querdenken in Anführungszeichen setzt. Deren medienkritische Systeme es aus Überforderung nicht schafften, dies zu thematisieren. Die Scheuklappengesellschaft, angeheizt von der Krise, wollte ihre antiautoritären Ziele um jeden Preis erreichen, auch wenn sie dabei selbst zum Erfüllungsgehilfen autoritärer Kräfte wurde. Hinter diesen Initiativen stehen jedoch immer noch einfache Mütter und Väter, die während der Pandemie eine starke und nachvollziehbare Überforderung erlebt haben.
Ich habe dadurch aber auch gelernt, dass ein nicht unwesentlicher Teil der sogenannten „bürgerlichen Mitte“ nicht mehr seiner eigentlichen Funktion nachkommt: Einen Ausgleich zwischen den gesellschaftlichen Schichten zu schaffen. Ein perfekter Nährboden für Ressentiments. Auch gegenüber Kräften innerhalb der Mitte selbst.
Die gute Nachricht ist, dass es nun auch Aufgabe dieser Initiativen ist, diesem Denken etwas entgegenzusetzen. Man hat sich immer gegen eine Zusammenarbeit mit solchen Kräften gewehrt. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um transparent mit den eigenen Fehlern umzugehen, um mit der eigenen Aufarbeitung zu beginnen.
Man müsste nicht einmal Fehler zugeben. Ein anderer gangbarer Weg wäre, sich stärker an den Stimmen zu orientieren, die man in der Vergangenheit aus eigener Verletzbarkeit ausgeblendet hat. Diese Verletzbarkeit aus der eigenen Überforderung heraus war schon immer eine Stärke, auch wenn man sie nicht so erlebt hat.
Zurück zur kollektiven Selbstwirksamkeit
Diese Initiativen können sich im Rückblick mehr als glücklich schätzen, dass sie breite Unterstützung von verschiedenen Medien erhalten haben. Zwar hat diese Unterstützung im Laufe der Zeit nachgelassen – möglicherweise auch aufgrund meiner Berichterstattung im Oktober 2021 – aber es gab weiterhin Unterstützung von der WELT bis hin zum Tagesspiegel.
Eine Journalistin, die mit klaren Belegen konfrontiert wurde, entschied sich einfach, diese zu ignorieren. Ignoranz begleitete und unterstützte diese Initiativen. In Zukunft wird der Druck auf sie jedoch steigen, um mit sich selbst ins Reine zu kommen, wenn sie weiterhin umfassende Unterstützung von den Mediensystem erhalten möchten, das sie erst gefördert hat.
Die geteilte Selbstwirksamkeit liegt zwischen einem autoritären und einem antiautoritären Gedankengut. Häufig entsteht das Beste aus den Überresten der Vergangenheit. Daher sind wir alle auf einem guten Weg. Ob wir gut beraten sind hängt davon ab, auf wen wir hören und nicht hören möchten.