„Deutsch als Fremdsprache hat mich radikalisiert“
Ein satirisches Interview mit Freyja P. vom „Palästinakommitee FU Berlin“
Am vergangenen Wochenende kam es in Berlin zu einer brutalen Attacke auf den jüdischen Studenten Lahav Shapira, Bruder des Comedians Shahak Shapira, der dabei schwere Knochenbrüche am Kopf erlitt. Nach Informationen des SPIEGEL stuft die Staatsanwaltschaft Berlin die mutmaßliche Tat eines palästinensischen Studenten als antisemitisch und im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt stehend ein.
Der Angriff sei gezielt erfolgt. Dafür spreche auch, dass Lahav Shapira zuvor in sozialen Medien als Feind markiert wurde, so berichtet es die Jüdische Allgemeine. Beide Studenten sind an der Freien Universität Berlin eingeschrieben.
In dieser Situation demonstrierten schließlich am Donnerstag laut Berliner Polizei etwa 85 Personen vor der Freien Universität Berlin. Dazu aufgerufen hatten unter anderem das „Palästinakommitee FU Berlin“ sowie die linksextreme Organisation „Young Struggle“, bei deren Aktionen es laut Verfassungsschutz immer wieder zu antisemitischen Vorfällen komme.
Zeit endlich mit dem wahren Opfer in dieser Geschichte zu sprechen: Der Sprecherin des „Palästinakomitees“, nach Informationen von Gerrit Seebald (WELT), das am Donnerstag vor der Freien Universität Berlin demonstrierte, Freyja P. (Name geändert, aber der Redaktion bekannt).
„Sie nannten mich ‚Die ewige Studentin‘“
Hamann: Sehr geehrte Frau P., Sie müssen in den vergangenen Tagen ja wirklich schreckliche Dinge erlebt haben. Wie geht es Ihnen?
P.: Bereits seit dem 7. Oktober ist für mich nichts mehr so, wie es einmal war. Der Genozid im größten Freiluftgefängnis der Welt durch das unterdrückerische Apartheidsregime Israels, das Schweigen der Medien und der herrschenden Klasse und die Durchkreuzung meiner Pläne für Fotoshootings im Winter. All das lässt mich ratlos und zornig zurück. Doch ich zitiere an dieser Stelle Bertolt Brecht: Wo immer geschwiegen wird / Dort wird er sprechen / Und wo Unterdrückung herrscht und von / Schicksal die Rede ist / Wird er die Namen nennen.
Hamann: Ging es Brecht nicht aber um den Klassenkampf?
P.: Nein, Brecht meinte mit Sicherheit auch den heutigen Unterdrückungskampf gegen die Ham… ich meine Palästina. Ähnliche Unterdrückung kenne ich aus meinem Studium. Ich werde bereits als „Die ewige Studentin“ bezeichnet. Das ist auch eine Form von Antisemitismus, wenn Sie mich fragen.
Hamann: Was sagen Sie denn zur Demonstration von „Fridays for Israel“ vor der Freien Universität Berlin, die auch als Reaktion auf Ihre Demonstration zu verstehen ist?
P.: Was wollen Sie denn hören?
„Das ist das Eindeutigste, was ich Ihnen anbieten kann“
Hamann: Ich würde Sie lieber etwas anderes fragen. Ihnen wird vorgeworfen, den Angriff gegen Lahav Shapira nicht eindeutig genug verurteilt zu haben. Wie sehen Sie das?
P.: Dazu muss ich etwas ausholen. Keine Sorge, nicht i.S.v. mit meiner Faust. Also im Grunde ist es so, dass wir eine Situation erleben, die bereits bis ins Neolithikum zurückreicht. {Anmerkung: An dieser Stelle sprach P. über etwa 20 Minuten von Siedlungsstrukturen von der Jungsteinzeit bis zur Moderne und Postmoderne.}
Wenn man das alles im Hinterkopf behält, ergibt sich zwangsläufig im Hinblick auf den Historischen Materialismus eine Lesart dergestalt, dass es eine Akkumulation des Siedlungswesens in die Hand einer wohlsituierten Klasse gibt. Lassen Sie mich dazu eine letzte Feststellung treffen. {Anmerkung: Jetzt spricht sie für eine knappe Stunde über verschiedenste Themen. Darunter Quantenheilung, UFO-Sichtungen und was Bibis Beauty Palace vermeintlich damit zu tun hat.}
Um nun davon ausgehend – all das bitte im Hinterkopf behalten – ergibt sich zwangsläufig, dass jede Form von Diskriminierung zu verurteilen ist. Das ist das Eindeutigste, was ich Ihnen anbieten kann.
Hamann: Ähm, okay, danke. Gibt es noch etwas, das Sie den Angehörigen von Lahav Shapira mitteilen wollen?
P.: Ja, educate your sons about Gaza.
„Deutsch als Fremdsprache hat mich radikalisiert“
Hamann: Viel wurde spekuliert über den Hintergrund Ihres Studiums. Wer heutzutage was studiert, ist ja mittlerweile Thema vieler Debatten und wir wissen, dass Radikalisierung immer zwangsläufig nur durch eine Variable in Gang gesetzt wird: dem Studiengang. Welches Fach hat Sie radikalisiert?
P.: Sehe ich aus wie eine Studentin für Radikalisierungswissenschaften oder so? Um Ihre Frage zu beantworten: Ich studiere „Deutsch als Fremdsprache“. Nicht zu verwechseln mit dem antideutschen Studiengang „Deutsch als Zweitsprache“.
Wenn man von einer Radikalisierung sprechen mag, dann war mein Erweckungserlebnis mit Sicherheit das Kapitel „Die Bedeutung anderer Sprachen und Kulturen“ im Buch „Deutsch als Fremdsprache – Eine Einführung“ und dort speziell der Unterabschnitt zur „Kontrastivität in der fremdsprachen-didaktischen Diskussion“.
Hamann: Könnten Sie das etwas genauer erläutern?
P.: Nein.
Hamann: Würde Sie nun aber sagen, dass das Fach Sie radikalisiert hat, auch wenn Sie mein Verständnis davon nicht teilen? Bitte, ich brauche eine gute Überschrift.
P.: Meinetwegen: Deutsch als Fremdsprache hat mich radikalisiert.
Hamann: Danke, perfekt!
„Lange Spaziergänge am Strand sind mir wichtig“
Hamann: Im Sommer 2022 waren Sie in Gaza. Was waren Ihre persönlichen Eindrücke?
P.: Gaza hat einen wundervollen Strand. Lange Spaziergänge am Strand sind mir wichtig, müssen Sie wissen. Die Menschen sind wichtig. Hobbies sind wichtig. Doch über diese Themen reden wir kaum noch, wie auch nicht über den Genozid im größten Freiluftgefängnis der Welt durch das unterdrückerische Apartheidsregime Israels, das Schweigen der Medien und der herrschenden Klasse und die Durchkreuzung meiner Pläne für Fotoshootings im Winter.
Hamann: Was ist mit den über 27.000 getöteten Palästinensern? Die Zahlen stammen natürlich vom Gesundheitsministerium in Gaza und können nicht unabhängig überprüft werden, wobei die Vereinten Nationen darauf hinweisen, dass die Zahlen sich „in der Vergangenheit insgesamt als glaubwürdig herausgestellt haben“, so der Deutschlandfunk.
P.: Sie vergessen zu erwähnen, dass unter den Angaben über die Todeszahlen auch über 9000 Hamas-Frei… Hamas-Kämpfer sind. Das ist selektiver Humanismus.
Hamann: Könnten Sie das etwas genauer erläutern?
P.: Nein.
Hamann: Okay, vielleicht eine letzte Frage. Wissen Sie schon, was Sie nach Ihrem Studium machen werden?
P.: Vielleicht etwas sight-seeing vom Fluss bis an das Meer. Ich meine selbstverständlich den Hudsonriver und den Atlantik. Anschließend ist es mein Wunsch für den „Deutschen Akademischen Austauschdienst“ (DAAD) zu arbeiten. Ich möchte mich auf Israel spezialisieren. Irgendjemand muss denen ja mal erklären, was da alles falsch läuft.
Hamann: Frau P., ich bedanke mich für das Gespräch.
P.: Ich muss mich bedanken.