Bauernproteste: Das Hakenkreuz im Heuhaufen finden
Warum die Linke nicht auf die rechtsextreme Agenda hereinfallen sollte
Linke stehen klassischerweise eigentlich hinter den Arbeiter:innen. Bei den Bauernprotesten lässt sich jedoch ein beunruhigender Trend in sozialen Medien beobachten. Weshalb wir mit der pauschalen Abwertung der Proteste die AfD unterstützen und wieso es dennoch sinnvoll ist Kritik zu üben an rechter Vereinnahmung und einer Partei die sich trotz der Ablehnung von Subventionen plötzlich als Freund der Landwirtschaft geriert. Ein Kommentar.
Die AfD sprach früher bereits von einem „Wutwinter“ und einem „heißen Herbst“. Damals ging es noch um Demonstrationen gegen die Pandemie und das Recht der Ukraine zur Selbstverteidigung. Aktuell überträgt man dieses Vorgehen auf die Bauernproteste. Eine geplante Demonstration am 8. Januar wird zum „Generalstreik“ umgedeutet.
Dahinter steckt eine Strategie. „Die Bauernproteste symbolisierten für Rechtsextreme den Widerstand aus dem „Volk“, das sich gegen die „Elite“ stelle“, so Pia Lamberty vom Center for Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Deutsche Bauernverband (DBV) grenzte sich bereits in der Vergangenheit mehrfach von solchen Vereinnahmungen ab. So auch bei den neuerlichen Protesten, bei denen unter anderem Galgen für die Ampel-Regierung auftauchten.
Die Linke lässt sich ausdribbeln
Anstatt sich grundsätzlich hinter den Landwirt:innen zu positionieren geht die Strategie der Rechten auf. Teile der Linken lassen sich von der Strategie spalten und stehen dem Protest nicht nur kritisch – was grundsätzlich nichts Schlechtes ist – sondern mehr als ablehnend gegenüber.
Rechtsextremen spielt dabei die Macht der Bilder in die Hände und der psychologische Effekt der Negativitätsverzerrung. Etwa als ein Traktorfahrer die Verletzung einer Einsatzkraft in Kauf nahm.
Oder auch wenn in sozialen Netzwerken Propaganda aus dem Umfeld der AfD in den Timelines auftaucht, so wie etwa hier.
Desinformation aus dem linken Spektrum ist nichts Neues. Angesichts des Erstarkens der AfD sollte es aber enorm beunruhigen, wenn nun auch dort Desinformationen zunehmen. So mehrfach in der vergangenen Woche beobachtet, als es um ein Dokument aus dem Rechnungsausschuss des Bundestags ging.
Warum liegt da Stroh und wie demaskieren wir Rechte?
Ein Grund für die starke negative Fokussierung auf die Proteste könnte auch aus der Erfahrung der Pandemie stammen. Die Coronaproteste könnten hierbei eine Rolle spielen. Dabei wäre es wichtig sich hier die Unterschiede noch einmal zu verdeutlichen.
Teilnehmer:innen der „Querdenken“-Proteste stammten eher aus der Mittelschicht, waren „eher älter und akademisch gebildet“, so das Ergebnis eines Forschungsprojekts von Oliver Nachtwey und Robert Schäfer an der Universität Basel. Die Bauernproteste haben zudem einen Anlass, der nicht so stark zeitlich entgrenzt ist wie die Pandemie. Wichtiger, so schreibt es Alexander Roth für den Zeitungsverlag Waiblingen: „Die Bauernproteste gehen auf den Deutschen Bauernverband zurück, einen großen Interessenverband der Bauern. Sie sind nicht von Rechtsextremisten initiiert.“
Die Demaskierung von Rechten wird der Linken erst dann gelingen, wenn sie die grundsätzliche Legitimität der Proteste von Arbeiter:innen wieder anerkennt und sich gleichzeitig wieder selbst in die Lage versetzt dies von der ebenfalls legitimen Kritik an rechten Umtrieben zu trennen. Erst dann lassen wir uns als Gesellschaft nicht mehr trennen und suchen nicht mehr allein nur nach dem Hakenkreuz im Heuhaufen.
Dass die AfD, die im eigenen Grundsatzprogramm Subventionen jeder Art eigentlich ablehnt, nun plötzlich ihr Herz für die Landwirtschaft entdeckt, ist Teil ihrer Strategie. Darüber sollten sich alle Demokrat:innen im Klaren sein. Egal ob links oder rechts.